Am 24. Juni haben wir ein Grußwort bei der LaKo der Jusos MV gehalten. Denn wir freuen uns weiterhin auf gute Zusammenarbeit. Freundschaft!
Liebe Genoss:innen,
wir freuen uns, dass wir hier wieder ein Grußwort halten können und auch darüber, dass sich die Zusammenarbeit zwischen uns in den letzten Jahren immer weiter verbessert hat.
Wir Falken sind ein Kinder- und Jugendverband, der im frühen 20. Jahrhundert in der Arbeiter:innenbewegung entstanden ist und von sozialdemokratischen und sozialistischen Pädagog:innen geprägt ist. Die Idee von damals war klar: Kinder müssen früh auf die kommende Welt vorbereitet werden – und darauf diese selbst ganz aktiv mit zu einer besseren Welt zu machen. Diesen Gedanken setzen Falken bis heute weltweit im International Falcon Movement in die Tat um.
Hier in Deutschland ist die Bedeutung der außerschulischen politischen Erziehung leider ziemlich in Vergessenheit geraten. Sozialdemokratische/sozialistische Bewegung versteht sich hier kaum noch als Gegenpol zu Schule als Herrschaftsinstrument. Verständlich, denn in den Schulen herrschen heutzutage weder Gott noch Kaiser. Dennoch halten wir es für wichtig, dass eine progressive Bewegung eine Vorstellung davon hat, wie wir die kommenden Generationen bilden, und zwar im Rahmen kollektiver Bildung von unten.
Wir, ihr und Millionen Genoss:innen stehen weltweit vor der Frage, wie wir der zunehmenden Unterstützung für faschistische Positionen entgegentreten oder gar islamistische und Regime mit faschistischen Zügen, stürzen können. Wir Falken denken, dass ein wichtiger Ansatzpunkt ist, diejenigen von uns zu mündigen Kämpfer:innen für Fortschritt und Freiheit zu machen, die in den nächsten 10-20 Jahren nachwachsen werden.
Wir sehen hier ganz klar, dass diese Bildung nicht in der Schule stattfinden wird und kann. Schule hat sich in den letzten Jahren zum dominanten Bildungsort entwickelt, doch es ist ein Ort, an dem Demokratie als klar abgrenzbarer Sachlernverhalt begriffen wird, der auf wenige Stunden Sozialkundeunterricht und rein formale parlamentarische Prozesse und Strukturen verkürzt wird. Dieses rein formale Wissen ist nicht ausreichend, um junge Menschen zu Demokrat:innen, bzw. zu Handelnden in einer aktiven Zivilgesellschaft zu erziehen. Um uns für eine demokratische Haltung zu entscheiden, müssen wir Demokratie erproben und uns in demokratischen Prozessen als selbstwirksam erleben.
Die nonformalen Bildungsprozesse in Jugendverbänden sind genau solche Demokratieerziehung, die kommenden Sozialist:innen zu mündigen Verfechter:innen einer gerechten und würdigen Weltordnung macht. In Jugendverbänden lernen wir Konfliktfähigkeit, langfristige Verbindlichkeit & Durchhaltevermögen, andere Standpunkte in unserem Engagement wertzuschätzen, Verantwortung für uns und Andere zu übernehmen und vieles mehr. Diese Kompetenzen sind fundamental wichtig für die erwachsenen Menschen, die aus uns werden, um damit diese Gesellschaft als demokratische Gesellschaft zu erhalten und zu gestalten. In Jugendverbänden lernen wir, dass es wichtig ist, sich auf verschiedensten Ebenen für die eigenen Belange und die Belange derjenigen einzusetzen, die sich nicht selbst dafür einsetzen können.
Wir Falken verfolgen mit großem Interesse die Arbeit der Enquete-Kommission „Jung sein in MV“, in der ja auch mehrere Jusos vertreten sind. Was wir dort allerdings beobachten, ist eine ziemliche Unbeholfenheit der parlamentarischen Erwachsenenwelt darin, sich die Lebenswelt von jungen Menschen zu erschließen. Symptomatisch zum Beispiel: Im ersten Themencluster „Beteiligung“ hat keine Beteiligung von Kindern und Jugendlichen stattgefunden, weil die Kommission irgendwie noch nicht so weit war. Mit den nun angestrebten Beteiligungsformaten wird die Kommission ein verzerrtes Bild reproduzieren, das den gängigen Beteiligungsformaten innewohnt: Zumeist finden Kinder und Jugendliche aus bürgerlichen und damit finanzstarken Familien viel leichter den Zugang in parlamentarische Gremien, Schüler:innenräte, Jugendparlamente, Fragerunden im Jugendhilfeausschuss, und Formate wie „Jugend im Landtag“.
Dies liegt – wie wir aus unserer Erfahrung berichten können und wie ihr es sicherlich auch aus eurem Umfeld wisst – keineswegs am mangelnden Interesse ärmerer oder anderweitig marginalisierter Jugendlicher, ihre Interessen irgendwo zu vertreten. Es liegt vielmehr am mangelnden Verständnis der bürgerlichen Institutionen, die Beteiligungsräume schaffen, darüber wie Art und Form demokratischer Beteiligungsstrukturen Menschen bevorteilen, die bestimmte Kompetenzen mitbringen, die in den eigenen Milieus verstärkt vorzufinden sind.
Jugendverbände können diesen Unterschied ausgleichen, denn sie sprechen mit ihren vielfältigen Aktionsfeldern junge Menschen auf sehr verschiedenen Ebenen an. Jugendverbände bieten mit der dort stattfindenden Selbstorganisierung den Raum, an demokratischen Prozessen aktiv teilzunehmen und nicht einfach nur beteiligt zu werden. Auch bieten sie einen Raum, um sozialeTrennungslinien zu überwinden. Um es anschaulich auszudrücken: Wo sonst im Leben hat das Kind vom Gymnasium in Schwerin-Mitte noch Kontakt mit einem Kind aus einer Wohngruppe vom Dreesch?
Wir singen dieses Loblied auf die Jugendverbandsarbeit, weil wir ein Bewusstsein dafür schaffen wollen, wie wichtig außerschulische Erziehung und Bildung für eine funktionierende Demokratie sind. Wir sehen es als elementar wichtig, jungen Menschen Räume zu eröffnen, in denen sie sich selbst organisieren und verwirklichen können, um zukünftig Politikverdrossenheit und Populismus zu bekämpfen. Wir sehen das auch als wichtig, weil wir auf dem Schirm haben müssen, Menschen zu erziehen, die eben nicht politikverdrossen sind und die es als sinnvoll erachten die Demokratie selbst tätig am Laufen zu halten.
Als Jugendorganisationen stehen wir da Seite an Seite und haben als nicht ganz so alte Menschen immer wieder die Verantwortung die Perspektiven von jüngeren Menschen in der Erwachsenenwelt sichtbar und hörbar zu machen.
Wir freuen uns auf weiterhin gute Zusammenarbeit mit euch, sowohl in konkreten Projekten als auch im Kampf ums große Ganze und dass es besser wird.
Freundschaft!