Seit Oktober haben wir ein Wandbild an der Außenfassade des Landesbüros und des Rostocker Gruppenraums. Ihr lest nun: „Weg mit §218 StGB“ und „Abreibung ist Grundversorgung!“. Wir wollen euch hier kurz erklären, wo diese Forderungen herkommen.
Vorneweg: Allgemeine Infos rund um das Thema Abtreibung
- Ein generelles Problem ist, dass derzeit immer weniger Ärzt:innen in Deutschland Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Abtreibung ist nicht Bestandteil der Standard-Ausbildung von Ärzt:innen. Besonders in den ehemaligen westdeutschen Bundesländern gehen Ärzt:innen, die mit der Recht-auf-Abtreibung-Debatte der 70er Jahre groß geworden sind, nach und nach in Rente. In der DDR waren Schwangerschaftsabbrüche bis zur Wende legal.
- In Polen wurde vor Kurzem durch die rechtskonservative christliche Regierungspartei PiS das Recht auf Abtreibung abgeschafft. Abbrüche sind nur noch in extrem seltenen Fällen erlaubt. In Polen gibt es deswegen derzeit Proteste und eine breite feministische Bewegung, die das Recht auf Abtreibung zurückfordert. Online findet ihr dazu Vieles unter dem #straijkkobiet (#Frauenstreik). Die Entwicklungen in Polen haben uns motiviert das Wandbild in Rostock anzubringen.
- Angriffe auf das Recht auf Abtreibung gibt es auch in Deutschland, zB durch stramm konservative Christ:innen und Anhänger:innen der sog. „Lebensschutz“/Anti-Abtreibungs-Bewegung. Die Netzwerke dieser Konservativen sind europaweit weit verstrickt. Sie mobilisieren auf der Straße, versuchen aber auch Politik und Rechtsprechung zu beeinflussen.
- Das Recht auf Abtreibung ist ein Recht, das nicht nur Frauen fordern. Auch solidarische Männer, Trans und queere Menschen. Das Recht auf Abtreibung betrifft direkt die Körper von allen Menschen mit Gebärmutter (logisch). Weil „Menschen mit Uterus“ ganz schön umständlich klingt, schreiben wir im Text „FLINT“. Denn oft wird vergessen, dass z.B. auch manche Transmänner schwanger werden können – „Frauen“ reicht also nicht aus, wenn wir beschreiben wollen, wessen Körper vom Recht auf Abtreibung direkt betroffen ist. Wofür FLINT genau steht, könnt hier nochmal nachlesen.
Wir wollen mit dem Wandbild an der Fassade ein Zeichen der Solidarität nach Polen schicken und deutlich machen, dass wir uns gegen Angriffe auf das Recht von FLINT auf Selbstbestimmung über ihren Körper lieber früher als später wehren sollten.
Weg mit §218 StGB!
Derzeit ist es in Deutschland so, dass Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich verboten sind. Bei Abbrüchen in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft wird die Abtreibung nur nicht strafrechtlich verfolgt.
Zudem gibt es das sogenannte „Werbungsverbot“, das dazu führt, dass Frauenärzt:innen nicht auf ihre Webseiten schreiben können, wenn sie Abtreibungen durchführen. Für FLINT ist es deswegen im Fall der Fälle oft nicht so einfach herauszufinden, wo sie einen Schwangerschaftsabbruch machen können.
Wir Falken halten es für äußerst wichtig, dass junge Menschen lernen, dass es ok und wichtig ist über alles, was Sexualität betrifft, zu reden. Das macht jede:n Einzelne:n freier und selbstbestimmter. Solange Schwangerschaftsabbrüche aber im Strafgesetz kriminalisiert werden, befördert die Gesellschaft ein Tabu hierum. Die Journalistin und Kulturwissenschaftliern Mithu Sanyal sagt dazu:
„Wenn es schon ein Rechtsbruch ist, auf seiner Homepage ausführlich darüber zu informieren, was bei einem in der Praxis passiert – wie soll dann eine Jugendliche darüber reden? Der Weg zu einer selbstbestimmten Entscheidung ist dadurch so schwer. Aber meine Erfahrung ist: Wenn Eine anfängt, wenn der Raum dafür aufgemacht ist, dann reden alle. Und deshalb ist das Reden über Abtreibung für mich ein politischer Akt.“
Abtreibung ist Grundversorgung!
Überall auf der Welt streiten FLINT und fortschrittliche Menschen für das Recht auf sichere Abtreibung. Um sicher zu sein, muss Abtreibung legal sein. Der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen muss zudem für jede FLINT möglich sein – egal wie viel Kohle jemand auf dem Konto hat. Der Kampf für das Recht auf Abtreibung ist ein globaler Kampf, in dem wir auch FLINT im globalen Süden in ihren Kämpfen gegen (post-)koloniale Herrschaftsinstrumente unterstützen sollten.
Am 28. September findet in mehr als 80 Ländern der „Safe Abortion Day“ statt, also der „Tag für sichere Abtreibungen“. Der Tag lenkt den Blick auf die internationale Bewegung für das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche. Er vernetzt FLINT auf der ganzen Welt für dieses Anliegen. Der Aktionstag entstand in der lateinamerikanischen und karibischen Frauenrechtsbewegung. 2020 gab es auch Aktionen in Rostock und Greifswald. Ihr könnt auch vor Ort bei euch aktiv werden!
Das Wandbild entstand im Rahmen eines Graffiti-Workshops. Wir bedanken uns für die Förderung durch die Ehrenamtsstiftung MV!